Aktuelle Auswertung aus dem SWEDEHEART-Register

Eine im JACC publizierte Auswertung von Daten aus dem SWEDEHEART-Register von über 35.000 Patienten nach einem Herzinfarkt zeigt, dass eine frühe lipidsenkende Kombinationstherapie mit einem hochpotenten Statin plus Ezetimib zu einem schnelleren Erreichen des LDL-Zielwerts (< 55 mg/dl bzw. <1,4 mmol/l) führt, der dann auch länger beibehalten wird [1]. Dadurch lassen sich Folgeereignisse verhindern: Bei 250.000 Infarkten – wie sie in Deutschland pro Jahr stattfinden – könnten einer Hochrechnung zufolge 3.328 Ereignisse in 3 Jahren vermieden werden!

     Dazu Prof. Oliver Weingärtner, Vorsitzender der DGFL – Lipid-Liga e. V.: „In unserer Studie „Jena auf Ziel“ [2] konnten auch wir zeigen, dass durch eine frühe Kombinationstherapie deutlich mehr Herzinfarktpatienten den LDL-Zielwert erreichen. Sie gab den Startschuss für unsere bundesweite Kampagne „Auf Ziel“, die ebenfalls auf eine frühe Kombitherapie nach Myocardinfarkt setzt. Schon nahezu 60 Städte und Regionen sind seitdem mit uns „auf Ziel“ gegangen – und es werden immer mehr! Unser Ziel ist „Deutschland auf Ziel“ und die aktuelle SWEDEHEART- Auswertung zeigt, dass diese einfache Präventionsmaßnahme große Wirkungen entfalten kann.“

Dass eine lipidsenkende Kombinationstherapie nach einem Herzinfarkt die LDL-C-Spiegel besser senkt und bessere kardiovaskuläre Outcomes erzielt als eine Statin-Mono-Therapie, war bekannt. Was man bisher nicht wusste: Ob eine frühe versus eine späte Eskalation der Statintherapie mit Ezetimib die Outcomes verbessert. Das herauszufinden, war Ziel der jetzt veröffentlichten Studienergebnisse von Leosdottir M et al. [1]. Da sich eine Interventionsstudie aus ethischen Gründen ausschloss, analysierten die Studienautoren Registerdaten von 35.826 Patienten (mittleres Alter: 65,1 Jahr).

Die Patienten wurden ohne lipidsenkende Therapie (LLT) zwischen 2015 und 2022 wegen eines Herzinfarktes stationär aufgenommen und mit einer Therapie mit hochwirksamen Statinen entlassen. Verglichen wurde das Risiko für MACE (Tod, Myocardinfarkt, Schlaganfall), MACE-Komponenten und kardiovaskulären Tod von drei Gruppen:

  • mit früher Kombinationstherapie, wenn das Statin ≤ 12 Wochen nach Entlassung aus der Klinik mit Ezetimib kombiniert wurde (16,9 % der Patienten),
  • mit später Kombinationstherapie, wenn es 13 Wochen bis 16 Monate nach Entlassung addiert wurde (18,1 % der Patienten) und
  • ohne Eskalation der LLT (65 % der Patienten).

Obwohl die Patientengruppe, die eine frühe Kombi-Therapie erhielt, die höchsten LDL-C-Ausgangswerte aufwies, erreichte über die Hälfte 1 Jahr nach ihrer Entlassung den LDL-C-Zielwert < 55 mg/dl bzw. <1,4 mmol/l. In den beiden anderen Gruppen waren es weniger. Und auch wenn sich in allen Gruppen während der folgenden 3 Jahre die LDL-Zielwerterreichung verschlechterte, waren in der Gruppe mit der frühen Kombitherapie vergleichsweise die meisten „auf Ziel“. Insgesamt war die frühe Kombitherapie assoziiert mit einer geringeren Gesamtmortalität (OR, 0.526: 95% CI, 0.378-0.733).

Ausgehend von der Studien-Kohorte (35.826 Patienten und 2.570 Ereignisse) und der Differenz beim 3-Jahres-Risiko für MACE lässt sich sagen, dass ein Wechsel von einer Statin-Mono-Therapie zu einer frühen Kombinationstherapie eine Number Needed to Treat (NNT) von 53 (95% CI, 32-125) erfordern würde, um 1 MACE zu verhindern. Ein Wechsel von einer späten zu einer frühen Kombinationstherapie würde eine NNT von 143 erfordern, um 1 Ereignis zu verhindern.

Hätten alle Patienten der Studie eine frühe Kombinationstherapie erhalten, hätten dadurch im Studienzeitraum von 3 Jahren 447 Folgeereignisse verhindert werden können. Eine Hochrechnung auf 250.000 Herzinfarktpatienten – was ungefähr der Anzahl an Herzinfarkten in Deutschland pro Jahr entspricht – ergibt, dass dann im 3-Jahres-Zeitraum 3.328 MACE hätten vermieden werden können.

Die Studienautoren empfehlen, dass eine frühe lipidsenkende Kombinationstherapie mit Statinen plus Ezetimib in die Standardtherapie nach einem Herzinfarkt implementiert werden sollte, denn jede Verzögerung sowie eine Statin-Mono-Therapie sind mit vermeidbaren Ereignissen verbunden. Die aktuellen Leitlinien sehen eine schrittweise Eskalation der LLT vor, das aber dauert oft zu lang und ist nicht effektiv, weshalb sie entsprechend angepasst werden sollten.

“This study shows that we could save lives and reduce further heart attacks by giving patients a combination of two low-cost drugs. But at the moment, patients across the world aren’t receiving these drugs together,“ said Professor Kausik Ray MD FMedSci, a professor of public health and honorary cardiologist at Imperial College London. „That’s causing unnecessary and avoidable heart attacks and deaths – and also places unnecessary costs on healthcare systems. Our study shows the way forward; care pathways must now change for patients after this type of heart event.”

 

[1] Leosdottir M, Schubert J, Brandts J, Gustafsson S et al.: Early Ezetimibe Initiation After Myocardial Infarction Protects Against Later Cardiovascular Outcomes in the SWEDEHEART Registry. JACC. 2025;85(15):1550-1564.
(URL: https://www.jacc.org/doi/epdf/10.1016/j.jacc.2025.02.007)

[2] Makhmudova U, Samadifar B, Maloku A et al.: Intensive lipid-lowering therapy for early achievement of guideline-recommended LDL-cholesterol levels in patients with ST-elevation myocardial infarction (“Jena auf Ziel”). Clin Res Cardiol. 2023;112(9):1212-1219
(URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00392-022-02147-3)