Zur Förderung von Prävention, Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen soll die Bildung von „Lipid-Ambulanz DGFL“ gefördert werden. Die Zertifizierung von derartigen Versorgungsstrukturen durch die DGFL – Lipid-Liga e. V. soll einen weiteren Beitrag zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Betreuung der von einer Fettstoffwechselstörung betroffenen Menschen in Deutschland leisten. Mit der Zertifizierung wird die besondere diagnostische und therapeutische Qualifikation der geprüften Kliniken, Ambulanzen, Praxen u. a. medizinischen Einrichtungen auf dem Gebiet der Lipidologie ausgewiesen.
Medizinische Einrichtungen, die Interesse an einer schwerpunktmäßigen Tätigkeit auf lipidologischem Gebiet haben, haben die Möglichkeit, den Status einer „Lipid-Ambulanz DGFL“ zu erlangen. Möglich ist ferner – bei Erfüllung eines umfangreicheren Anforderungskatalogs – den Status „Lipidologisches Kompetenzzentrum und Netzwerk DGFL“ zu erwerben.
Im Folgenden sind die Voraussetzungen für die Zertifizierung als „Lipid-Ambulanz DGFL“ im Einzelnen beschrieben, wobei die Kapiteleinteilung denen im Anforderungs- und Erhebungsbogen entspricht.
Einen Überblick über die Anforderungen zur Zertifizierung als „Lipid-Ambulanz DGFL – Lipid-Liga e. V.“ im Vergleich zu denen an ein „Lipidologisches Kompetenzzentrum und Netzwerk DGFL“ finden Sie hier: Uebersicht_Voraussetzungen_Zertifizierungen_DGFL – Lipid-Liga e. V._V1.1_Juli 2017 (PDF)
Voraussetzungen für die Zertifizierung als „Lipid-Ambulanz DGFL“
1. Fachlich-personelle Voraussetzungen
Die Etablierung einer „Lipid-Ambulanz DGFL“ erfordert die Präsenz von mindestens einem Facharzt mit der Zusatzqualifikation „Lipidologe DGFL“. Die Grundvoraussetzung für diese Zusatzqualifikation wiederum besitzen Internisten ohne oder mit Teilgebietsbezeichnungen, im Speziellen Angiologen, Endokrinologen, Gastroenterologen, Kardiologen oder Nephrologen, Fachärzte für Allgemeinmedizin und auch Fachärzte für Pädiatrie. Neben der ärztlich-personellen Mindestanforderung von einem Lipidologen DGFL – Lipid-Liga e. V. ist fakultativ die Zusatzqualifikation Ernährungsmedizin oder Diabetologie wünschenswert. An nicht-ärztlichem Personal erfordert die Lipid-Ambulanz mindestens ein/e Mitarbeiter/in mit der Berufsbezeichnung Medizinische/r Fachangestellte/r oder Gesundheits- und Krankenpfleger/in oder Diabetesberater/in oder -assistent/in DDG oder Diätassistent/in. Darüber hinaus muss in der eigenen Ambulanz oder in Kooperation mit einer externen Einrichtung ein/e zertifizierte/r Ernährungsberater/in (z. B. DGE, QUETHEB, VDD, VDOE oder VFED) zur Verfügung stehen, eine Zusatzqualifikation, die von staatlich anerkannten Diätassistenten, Ökotrophologen oder Ernährungswissenschaftlern (Abschlüsse: Diplom, Bachelor oder Master of Science) erworben werden kann.
2. Inhaltliche und strukturelle Voraussetzungen
Die Lipid-Ambulanz muss in der Lage sein, in eigenen Praxis-/Ambulanzräumen eine differenzierte, leitlinien-konforme (D.A.CH., DGFL – Lipid-Liga e. V., EAS, ESC, NCEP) Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen anzubieten. Fachspezifische (Familien-)Anamnese, klinische Untersuchung und Blutentnahmen müssen vor Ort möglich sein. Empfehlenswert ist, Abdomensonographie und Duplex-Sonographie der zentralen und peripheren Gefäße sowie eine differenzierte Ernährungsberatung in der eigenen Ambulanz durchzuführen, dies kann aber auch an einen externen Kooperationspartner vergeben werden (siehe Punkt 4). Auch die Laboranalysen (einfacher Lipidstatus und lipidologisches Speziallabor inclusive Molekulargenetik) können an einen externen Kooperationspartner delegiert werden (siehe ebenfalls Punkt 4).
Ein lipidologischer Arztbrief oder ein Fachgutachten mit strukturierter Zusammenfassung von Anamnese, klinischer Untersuchung, Laborbefunden, Diagnose sowie Empfehlungen zur weiteren Diagnostik und Therapie ist für jeden Patienten zu erstellen. Die erforderliche Mindestzahl an schriftlich abgeschlossenen lipidologischen Behandlungsfällen beträgt durchschnittlich 200 Fälle pro Jahr. In Kooperation mit dem überweisenden Hausarzt muss für alle Patienten mit nachgewiesener Fettstoffwechselstörung eine langfristige Nachsorge und somit nachhaltige Betreuung angestrebt werden.
3. Räumliche und zeitliche Voraussetzungen
Um dem Auftrag einer kurzfristig verfügbaren Versorgung von Patienten mit Fettstoffwechselstörungen gerecht zu werden, sollen die Räumlichkeiten einer Lipid-Ambulanz in eine bestehende Praxis oder Klinikambulanz mit entsprechender Infrastruktur (Sprechzimmer, Untersuchungszimmer, Labor zur Blutprobengewinnung) integriert sein. Ein Schulungsraum kann in der eigenen Ambulanz oder in einer kooperierenden externen Einrichtung verfügbar sein, ebenso wie ein Sonographieraum. Für gesetzlich und privat krankenversicherte Patienten muss mindestens ein Lipidologe DGFL an zwei Tagen pro Woche verfügbar sein.
Um eine möglichst breitenwirksame Verbesserung der Diagnostik und Therapie von Patienten mit Fettstoffwechselstörungen zu erreichen, empfiehlt es sich, dass sich die Lipid-Ambulanz Hausärzten, aber auch fachfremden Spezialisten im niedergelassenen und stationären Bereich als Anlaufstelle zur Überweisung von Patienten und zur Beantwortung von lipidologischen Fragestellungen anbietet.
Allgemeinmedizin
Diese als Primärversorger und potentielle „Überweiser“ fungierenden Kooperationspartner sollten zum regelmäßigen Screening von Fettstoffwechselstörungen bei ihren Patienten und deren Weiterleitung zum Lipidologen angehalten werden für den Fall, dass die leitliniengerechten Zielwerte nicht erreicht werden.
Labormedizin
Zur Realisierung einer differenzierten lipidologischen Labordiagnostik muss eine enge, schriftlich fixierte Kooperation mit einem Institut für Klinische Chemie und Labormedizin bestehen, das in der Lage ist, neben der Erhebung eines einfachen Lipidstatus (Gesamt-Cholesterin, LDL- und HDL-Cholesterin, Triglyzeride, Lp(a)) auch lipidologische Spezialparameter (z. B. Apolipoproteine) zu bestimmen und molekulargenetische Untersuchungen durchzuführen.
Endokrinologie
Es ist zu empfehlen, die fachliche Kompetenz eines Endokrinologen hinzuzuziehen, der neben einer konsiliarischen Mitwirkung bei der Diagnostik und Therapie von sekundären Fettstoffwechselstörungen idealerweise auch eine Adipositas-Sprechstunde anbietet.
Diabetologie
Eine diabetologische Schwerpunktpraxis, idealerweise DDG-zertifiziert, muss im Hinblick auf die häufige Komorbidität von Fettstoffwechselstörungen und Diabetes zwingend als Kooperationspartner der Lipid-Ambulanz gewonnen werden.
Kardiologie/Angiologie
Angesichts der hohen Inzidenz und Prävalenz kardiovaskulärer Folgeerkrankungen bei Patienten mit Fettstoffwechselstörungen ist eine enge Zusammenarbeit mit einer kardiologischen/angiologischen Praxis oder Klinikambulanz mit zeitnahen Untersuchungsmöglichkeiten zwingend erforderlich. Zunächst muss der ambulante Kooperationspartner sämtliche konventionellen Methoden der Diagnostik von Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen vorhalten (EKG, Farbdopplerechokardiographie, Langzeit-EKG, ambulantes Blutdruckmonitoring, Ergo(spiro)metrie, Stressechokardiographie, Doppler-/Duplexsonographie der Hals-, Bauch-, Becken- und Beinarterien). Leitliniengerechte Versorgungspfade (ACC-, AHA-, DGK-, ESC-Guidelines) sollten Beachtung finden, insbesondere an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Medizin, die häufig auch den Übergang von der nicht invasiven zur invasiven Diagnostik repräsentiert. Diese Schnittstelle wird idealerweise durch Herzinfarkt-Netzwerke, DGK-zertifizierte Brustschmerz-Ambulanzen (BSA) im niedergelassenen und Chest-Pain-Units (CPU) im stationären Bereich abgebildet. In der kooperierenden kardiologischen Klinik sollten alle modernen Möglichkeiten der invasiven Diagnostik (Herzkatheter/Angiographie) und Koronarintervention etabliert sein (PCTA, Stenting) (siehe auch unter Kliniken).
Radiologie/Angiologie
Des Weiteren ist ein radiologischer/angiologischer Kooperationspartner obligat zu assoziieren, der im ambulanten oder stationären Bereich die komplette radiologische Gefäßdiagnostik (konventionelle Angiographie, Angio- und Cardio-MRT sowie Angio- und Cardio-CT) anbieten muss. In der kooperierenden radiologischen/angiologischen Klinik sollten alle modernen Möglichkeiten der Intervention an peripheren Gefäßen etabliert sein (PTA, Stenting) (siehe auch unter Kliniken).
Nephrologie
Ein in zweifacher Hinsicht wichtiger Kooperationspartner jeder Lipid-Ambulanz ist der Nephrologe. Zum einen verbinden sekundäre Fettstoffwechselstörungen im Rahmen nephrologischer Grunderkrankungen Nephrologie und Lipidologie. Zum anderen besitzt gemäß der „Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung“ (ehemals BUB-Richtlinien) allein der Nephrologe die Qualifikationsvoraussetzungen zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren, also auch der Lipoprotein-Apherese. Zur Behandlung diätetisch und medikamentös therapierefraktärer Fettstoffwechselstörungen muss eine enge Kooperation zwischen der Lipid-Ambulanz und einem Apherese-Zentrum bestehen. Da es sich bei der Lipoprotein-Apherese um ein aufwändiges und teures Ultima-ratio-Therapieverfahren handelt, muss die kooperierende Einrichtung die Einhaltung gültiger Apherese-Standards garantieren und ein Mindestvolumen von 250 Einzelbehandlungen pro Jahr durchführen. Von einem Apherese-Zentrum wird außerdem erwartet, dass mindestens zwei verschiedene Apherese-Verfahrenstechniken vorgehalten werden. Wünschenswert ist die Einbringung der Apherese-Behandlungsdaten in das Deutsche Lipidapherese-Register (DLAR).
Gastroenterologie
Es ist zu empfehlen, dass zur leitliniengerechten Diagnostik der akuten und chronischen Pankreatitis sowie der nicht-alkoholischen Fettleber (NAFLD) ein Gastroenterologe zur Verfügung steht.
Dermatologie
Zur differenzialdiagnostischen Einordnung von Hauterscheinungen im Rahmen von Fettstoffwechselstörungen, Lipidosen und lipidsenkender Pharmakotherapie ist es empfehlenswert, mit einem Dermatologen zu kooperieren.
Gynäkologie/Geburtshilfe
Zur gemeinsamen Betreuung von schwangeren und stillenden Patientinnen mit Fettstoffwechselstörungen ist es empfehlenswert, mit einem Gynäkologen/Geburtshelfer zusammenzuarbeiten.
Pädiatrie
Für die Diagnostik und Behandlung von Stoffwechselstörungen bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr ist es ratsam, einen lipidologisch erfahrenen Kinderarzt – idealerweise Lipidologe DGFL – einzubinden.
Neurologie
Aufgrund der Häufigkeit von neurologischen Folgeerkrankungen bei dyslipidämischen Patienten ist zu empfehlen, mit einem Neurologen zu kooperieren.
Kliniken
Eine enge Kooperation mit der Notfalleinrichtung oder Chest-Pain-Unit einer invasiv tätigen kardiologischen Klinik ist wünschenswert. In der kooperierenden kardiologischen Klinik sollten alle modernen Möglichkeiten der invasiven Diagnostik (Herzkatheter/Angiographie) und der Koronarintervention etabliert sein (PCTA, Stenting) (siehe auch unter Kardiologie/Angiologie). In der kooperierenden radiologischen/angiologischen Klinik sollten alle modernen Möglichkeiten der Intervention an den peripheren Gefäßen etabliert sein (PTA, Stenting) (siehe auch unter Radiologie/Angiologie). Des Weiteren sind Partnerschaften mit einer gefäß- und herzchirurgischen Klinik, einer Stroke-Unit sowie gegebenenfalls mit einer auf bariatrische Chirurgie spezialisierten Einrichtung zu empfehlen.
Kardiovaskuläre Präventiv- (DGPR), Rehabilitations-, Sport- und Sozialmedizin
Empfehlenswert ist eine Kooperation mit einer Einrichtung, die schwerpunktmäßig im Bereich der kardiovaskulären Prävention sowie der Rehabilitations-, Sport- und Sozialmedizin arbeitet. Hier sollten Patienten mit Fettstoffwechselstörungen und kardiovaskulären Folgeerkrankungen auch im ambulanten Bereich Schulungen und strukturierte Bewegungsprogramme (z. B. M.O.B.I.L.I.S., Herzsportgruppe) entsprechend den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Präventivmedizin und gegebenenfalls auch sozialmedizinische Hilfestellung angeboten werden.
5. Mitarbeiterfortbildung, Patientenschulung und Öffentlichkeitsarbeit
Zum Erhalt und zur Vertiefung des Fachwissens ist es wünschenswert, dass in einer Lipid-Ambulanz regelmäßige lipidologische Fallbesprechungen im Team (mindestens der Arzt, medizinische Fachangestellte o. ä. und der/die Ernährungsberater/in einmal pro Quartal) stattfinden und kurz dokumentiert werden. Darüber hinaus haben sich ärztliche Mitarbeiter/innen externen Fortbildungen zu unterziehen (z. B. CME-zertifizierten lipidologischen Updates, z. B. D.A.C.H., DDG, DGFL – Lipid-Liga e. V., DGK; Lipidologen DGFL – Lipid-Liga e. V. zweimal pro Jahr laut Durchführungsbestimmungen der DGFL – Lipid-Liga e. V.. Auch nicht-ärztliche Mitarbeiter/innen (Ernährungsberater/innen) müssen entsprechende externe zertifizierte Fortbildungen absolvieren, um ihre lipidologische bzw. die unter Punkt 1 angegebene Qualifikation aufrecht zu erhalten.
Empfehlenswert ist, in der Lipid-Ambulanz kontinuierlich Gruppenschulungen für Patienten mit unterschiedlichen Fettstoffwechselstörungen anzubieten. Ärztliche und nicht-ärztliche Mitarbeiter/innen der Ambulanz sollten in der Lage sein, den Patienten die Lerninhalte anhand von strukturierten Schulungsprogrammen
(DDG, DGE) zu vermitteln.
Ferner können Angebote von populär-wissenschaftlichen Vorträgen für Patienten und die gesundheitsbewusste Bevölkerung, Gesundheitsaufklärung über Medien und Aktionstage (z. B. Messaktion am „Tag des Cholesterins“ der DGFL – Lipid-Liga e. V.) geeignete Methoden zur Verbesserung des Verständnisses von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen in der Bevölkerung sein.
6. Dokumentation, Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung
Alle Patienten mit laborchemisch gesicherter Fettstoffwechselstörung, die in der Lipid-Ambulanz behandelt werden, müssen durch abschließende Befundberichte bzw. lipidologische Arztbriefe oder Fachgutachten dokumentiert werden. Die Mindestzahl beträgt 200 pro Jahr.
In den von der DGFL – Lipid-Liga e. V. zu zertifizierenden Lipid-Ambulanzen muss ein funktionierendes Qualitätsmanagement-System mit Prozessbeschreibungen, Verfahrensanweisungen und Arbeitsanweisungen
(Versorgungspfade – standard operation procedures) etabliert sein.
Empfehlenswert wäre darüber hinaus eine retrospektive und prospektive statistische Erfassung von lipidologischen Parametern und kardiovaskulären Ereignissen bei jedem Behandlungsfall. Künftig sollen diese Daten in ein (noch zu etablierendes) nationales Register eingespeist werden, so wie es seit dem Jahr 2012 auf dem Gebiet der Lipoprotein-Apherese geschieht (Deutsches Lipidapherese-Register (DLAR). Die konsequente Dokumentation, statistische Erfassung und wissenschaftliche Auswertung lipidologischer Diagnosen und Behandlungserfolge ist eine geeignete Maßnahme zur Qualitätssicherung und ständigen Qualitätsverbesserung. Sie kann auch einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung von Öffentlichkeit, Kostenträgern und Gesundheitspolitik im Hinblick auf Fettstoffwechselstörungen leisten. Ziel ist es – auch durch Präsentation einer sicherlich positiven Kosten-Nutzen-Analyse – der Lipidologie als wertvollem medizinischen Fachgebiet eine größere Akzeptanz zu verschaffen und somit qualifizierte ärztliche Hilfe für bisher unterversorgte Patientenkreise zu eröffnen unter langfristiger Sicherung einer kostendeckenden Erstattung.
Voraussetzungen_Lipid-Ambulanz_DGFL – Lipid-Liga e. V._V1.1_Juli 2017 (PDF)
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